Huitlacoche oder Maisbeulenbrand – mexikanische Delikatesse am Schweizer Mais

Kategorien: Gemüseteil, Leaf to Root, RezeptVon 03/09/2018Views: 12199

Maisbeulenbrand nennen die Bauern in der Schweiz den Pilz. Die Bauern in Mexiko freuen sich über jeden befallenen Maiskolben, denn bei ihnen gilt der Pilz, genannt Huitlacoche, als Delikatesse. Gerne stelle ich sie euch hier vor – denn jetzt sind die Pilze wieder da.

Entdeckt hatte ich Huitlacoche für mich im wahrsten Sinne des Wortes vor der Haustür. Vor einigen Jahren (siehe auch hier) hatte ich Mais im Garten angesät, doch als ich den einzigen Maiskolben, der den heissen Sommer überlebt hat, ernten wollte, erlebte ich eine Überraschung: An der Spitze hatte er schwulstige, schwarze Beulen. Nach der ersten Enttäuschung erinnerte ich mich an ein Interview mit Avantgardekoch Valefritz, der mir vor ein paar Jahren erzählt hatte, dass man in Mexiko einen schwarzen Maispilz esse. Ist es das?

Erste Begegnung mit „ausserirdischen“ Pilzen: Mein Sohn, damals 4, begutachtete den Maiskolben aus meinem Garten mit den Huitlacoche skeptisch

Bei uns schräg angesehen, in Mexiko eine Delikatesse

Internet sei Dank, stellte ich rasch fest, dass mein Mais tatsächlich Huitlacoche trägt. Oder eben Maisbeulenbrand, wie der Pilz hierzulande heisst. Leider war der Pilz (wissenschaftlich: Ustilago maydis) schon überreif und viele der Kapseln waren bereits aufgeplatzt. Trotzdem war meine Neugierde geweckt: Wie schmeckt sowas?

Am Zürcher Bürkliplatzmarkt erntete ich bei den Gemüsehändlern fragende Blicke, als ich ihnen von der etwas speziellen Zutat erzählte. Doch dann ein Treffer: Beim Stand von Bio-Gemüse Traub nahm sich Herr Da Costa meines Anliegens an und brachte mir drei Tage später befallene Maiskolben mit, die er eigens auf dem Feld für mich zusammengesucht hatte (Danke!). Und was für ein Zufall: Als ich die Maiskolben abholte, stand eine Mexikanerin neben mir am Marktstand und war begeistert, hier «die Delikatesse aus ihrem Land» zu sehen.

Dieses Wochenende war ich nun wieder unterwegs im Maisfeld. Diesmal durfte ich das Feld der «Gmüeserei» in Sissach nutzen (übrigens ein tolles Projekt: www.gmueserei.ch). Wiederum die meisten gefundenen Pilzexemplare waren bereits schwarz. Aber einen Mais habe ich gefunden, der nahezu perfekte Huitlacoche trug: Aussen eine knackige, fast weisse Haut, innen nur eine ganz dünne Schicht Sporen. Und siehe da: Geschmacklich ein Traum! Stell Dir vor, Du isst Champignons mit Maisgeschmack. Ich habe sie auf die Schnelle nur kurz mit etwas Öl in der Pfanne angezogen, leicht gesalzen, fertig.

Frischer Huitlacoche, genau so sollte er aussehen – er schmeckte fantastisch.

Sogar Pilzkontrolleure bestaunen die Maiskolben mit Huitlacoche

Während ich von den überreifen Exemplaren nie vollends begeistert war, sind die frischen Pilze eine Aromensensation. Also genau wie bei Pilzen ist beim Huitlacoche die Frische ein zentrales Kriterium. Wer will, kann Huitlacoche einfrieren. A propos Pilze: Ich war am Wochenende zu Gast im Ebenrain-Zentrum für Landwirtschaft, Natur und Ernährung. Ich präsentierte im Rahmen des jährlichen «Ebenraintages» das Tagesthema «Vom Blatt bis zur Wurzel». Dabei zeigte ich auch die Huitlacoche. Sogar Pilzkontrolleure aus der Region kamen vorbei, um sich die verschiedenen Reifestadien anzuschauen.

Schwangere sollten den Pilz meiden

Und wie ist es denn nun, wenn man Huitlacoche isst, der überreif ist? Einer der Pilzkontrolleure mutmasste, dass das wahrscheinlich nicht schädlich sei, aber einfach nicht gut. Ob der Maisbeulenbrand generell, also frisch, auch negative Reaktionen auslösen kann, ist gemäss Daten unklar. Es gibt Meldungen über Allergien und Vergiftungen, offenbar hat der Pilz ein Alkaloid, das auch im Mutterkorn vorkommt. Mutterkorn ist vor allem an Roggen zu finden, ist wegen seiner Alkaloide giftig und sollte vor allem von Schwangeren gemieden werden, da es Wehen auslösen kann. Und sicher ist, dass begleitende Schimmelpilze, die man oft an Maiskolben mit Huitlacoche findet, für uns Menschen schädlich sind – sprich, wenn Du Schimmel siehst am Kolben, bitte nicht essen.

Gleichzeitig ist der Pilz aber in der Schweiz zugelassen als Speisepilz. In Deutschland allerdings ist er als Speisepilz nicht erfasst und darf daher auch nicht gehandelt werden. Das zeigt auch, dass man sich in unseren Breitengraden noch nicht ganz einig ist, wie man den (Speise)-Pilz behandeln soll.

Rezepte für Huitlacoche

Um sich an den Geschmack ranzutasten, würde ich den Pilz ganz einfach mit etwas Öl oder Butter und Salz anziehen lassen in der Pfanne. So erlebst Du den reinen Huitlacoche-Geschmack und kannst Dich Step-by-Step der Delikatesse annnähern. Ich habe in der Vergangenheit verschiedene ganz einfache Gerichte damit gekocht. Zuerst einmal einfach Zwiebeln angedünstet, dann den Huitlacoche etwas gehackt und dazugegeben – so, wie man das auch mit Pilzen machen kann. Der Huitlacoche zog Saft, in diesem liess ich ihn 15 Minuten köcheln. Einmal habe ich ein Rührei zubereitet. Dafür hackte ich die Huitlacoche, liess sie in Butter anziehen und gab sie dann ins Rührei. Die fast pechschwarzen Pilzstückchen haben gewöhnungsbedürftig ausgesehen, es waren damals eben auch eher überreife Exemplare, die ich gefunden hatte. Sie färbten das ganze Essen ein. Der Kommentar meines damals Vierjährigen war entsprechend: Wäh!

Der Pilz schmeckt besser als er aussieht

Valefritz, mein Huitlacoche-Tippgeber, hat mir gemailt, dass sein Lieblings-Huitlacoche-Essen in Mexiko Empanadas waren. Und dass man in diesem Film auf Youtube  sehe, wie man das macht. Nach meinem Blogbeitrag bei waskochen.ch vor drei Jahren haben mir die Künstlerin Sandra Knecht und User  geschrieben und gezeigt, wie sie Huitlacoche gekocht haben – siehe hier.

Hat jemand von Euch Erfahrung mit Huitlacoche? Irgendein Rezept, das den vollen Geschmack zur Geltung bringt? Ich freue mich über Input unten in den Kommentaren. Vielleicht verhelfen wir ja dem mexikanischen Trüffel, wie der Pilz auch genannt wird, doch noch zu etwas Popularität in der Schweiz.

Ich hoffe, dass ich nun noch Glück habe und nochmals einige ganz frische Exemplare finde. Ein Tipp, wenn Ihr nun auf die Suche geht: Bitte nur in Bio-Feldern ernten. Denn, das war auch die Aussage der Pilzkontrolleure, die am Sonntag vorbeikamen, Pilze absorbieren ganz viele Giftstoffe, darum ist Bio gerade bei Huitlacoche ein zentrales Argument.

Und hier einige weitere Fotos:

Zwiebeln mit Salz/Olivenöl andünsten, Huitacoche dazu und 15 Minuten köcheln. Die wohl simpelste Art, Huitlacoche zu kochen. Diese Pilze waren noch geniessbar, aber auch schon fast etwas zu reif.

PS:

Mit Maisbeulenbrand befallene Maiskolben vom Marktstand am Bürkliplatz. Diese Pilze sind schon überreif.

Viel Abfall: Die überreifen Kapseln habe ich nicht genutzt.

Schwarzes Huitlacoche-Rührei: Huitlacoche erst gut andünsten, dann mit Ei verrühren und anbraten.

Was denkst du?